Im 19. Jahrhundert sind in
Stebbach folgende jüdische
Familiennamen belegt:
Bär, Bamberger, David, Wolf,
Eisenmann und Eisemann,
Eisinger, Eppinger, Fürth,
Kaufmann, Münzesheimer,
Külsheimer, Oppenheimer,
Ottenheimer und Rothschild.
1843 lebten 115 Juden in
Stebbach - immerhin 13,4%
der Gesamtbevölkerung(!).
Ihre Zahl sank auf 42 im
Jahr 1875 und auf ganze 7
Personen im Jahr 1925.
1940 lebten noch zwei alte
jüdische Frauen in Stebbach.
Viele Juden nutzten die
beruflichen Perspektiven und
besseren Bildungschancen,
die sich ihnen nach ihrer
bürgerlichen Gleichstellung
im Großherzogtum Baden
(1862) in den größeren
Städten boten.
Die jüdische Gemeinde
Bereits 1704 lebte eine jüdische Familie in Stebbach. Es muss eine
wohlhabende Familie gewesen sein, denn die Grundherrschaft nahm jährlich
15 Gulden als 'Schutzgeld vom Juden zu Stebbach' ein. Im Verlauf des 18.
Jahrhunderts wuchs die jüdische Gemeinde rasch an. Die meisten Stebbacher
Juden handelten mit Vieh, Getreide oder Wein. Einige waren als Wirte oder
Metzger tätig. Andere handelten mit Kurzwaren, Stoffen, Öl oder Lumpen.
Zur Ausübung ihrer Religion stand den Juden in Stebbach eine Synagoge
zur Verfügung, die 1826 renoviert und durch Einrichtung eines Judenbades,
das der rituellen Reinigung diente, erweitert wurde.
Die bürgerliche Gleichstellung der Juden in Baden kam 1862. Daraufhin
setzte eine starke Bevölkerungsbewegung vom Land in die Städte ein. 1915
war die Stebbacher jüdische Gemeinde so geschrumpft, dass sie aufgelöst
werden musste. 1940 lebten nur noch 2 Jüdinnen am Ort.
Bekannte jüdische Persönlichkeiten in Stebbach waren der Löwenwirt und
Viehhändler Abraham Bär, der Bettfedernfabrikant Michael Kahn mit seiner
Ehefrau Franziska geb. Bär, deren Söhne Bernhard und Hermann, der 1912
um seine Verdienste für das Dorf zum Stebbacher Ehrenbürger ernannte
Ratschreiber Jonas Eisinger sowie die Brüder Max und Adolf Eisemann,
Kaufhausbesitzer in St. Louis, die 1925 die Fahne des Stebbacher
Gesangvereins gestiftet hatten.
Bereits in den 1860er Jahren hatten die Bettfedernfabrikanten Gebrüder
Kahn in Gedenken an ihren Vater die ‘Michael Kahn’sche Schulstiftung’ ins
Leben gerufen, die bis in die 1930er Jahre immer wieder großzügig mit Geld
ausgestattet wurde, damit für die Stebbacher Kinder Schulbücher und
Lehrmaterial angeschafft werden konnten, ohne das Gemeindebudget zu
belasten. Die Stiftung überstand die Inflation von 1923 und sogar das Dritte
Reich. Die Stiftungsgelder zu nutzen, waren sich die Nationalsozialisten nicht
zu schade gewesen. 1953 löste
der Stebbacher Gemeinderat die
Stiftung, deren Vermögen durch
die Währungsreform von 1948
auf 49 Mark geschrumpft war,
auf.
Ebenso wurde die baufällig
gewordene ehemalige Synagoge
mit behördlicher Genehmigung
abgebrochen.
Traurig wie fast überall endete
das Schicksal der letzten in
Stebbach verbliebenen Jüdinnen.
Rosa Eisemann verstarb 1940 und ist die letzte Jüdin, die auf dem Eppinger
Judenfriedhof beigesetzt wurde. Ihre von Geburt an blinde Schwester Jette
wurde im Oktober 1940 bei der von Gauleiter Wagner landesweit initiierten
Säuberungsaktion zusammen mit Josefine Ottenheimer abgeholt und ins
südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Dort verliert sich die Spur
von Jette Eisemann. Josefine Ottenheimer überlebte den Holocaust und starb
1945 in Mâcon im befreiten Frankreich (siehe auch Stebbach 1930-1945).
Roger Eisinger, Enkel des Stebbacher Ehrenbürgers Jonas Eisinger und
Schriftsteller in Marseille, versuchte nach dem 2. Weltkrieg vorurteilslos, die
tiefe Kluft zwischen Juden und Deutschen in seinem literarischen Werk zu
überwinden. Sein Appell an die beiden Völker: „Lieben wir einander, wie wir
einander gehasst haben!“