Dorfsanierung und Eingemeindung
Das gemeinsam mit der Nachbargemeinde
Gemmingen bewerkstelligte Projekt einer
zentralen Wasserversorgung 1952/53, der
Bau einer Festhalle und die Durchführung
von Heimattagen 1955 markierten das Ende
der Stebbacher Nachkriegszeit.
Trotz großer Anstrengungen und gemein-
schaftlich geleisteter Arbeit blieb das Dorf
insgesamt jedoch hinter den Erwartungen
vieler seiner Einwohner zurück.
1959 wurde Stebbach ausgewählt, ‘Musterdorf’
zu werden. In einem Modellvorhaben sollte das
komplette Dorf erneuert werden. Der Plan sah
vor, Gebäude zu sanieren, vor allem aber alte,
baufällige Häuser zur Schaffung von freiem
Baugelände im Ortskern abzubrechen, die
innerörtliche Straßenführung zu optimieren, den
Dorfmittelpunkt mit Versorgungseinrichtungen
auszustatten und eine die ganze Gemarkung
umfassende Flurbereinigung durchzuführen, in
deren Rahmen viele landwirtschaftliche Betriebe
ausgesiedelt werden sollten.
Im März 1962 wurde das erste Gebäude, die
Altane (Foto), abgerissen; ihr folgten weitere 86
Anwesen mit insgesamt 75 Wohn- und 136 Wirt-
schaftsgebäuden.
11 landwirtschaftliche Betriebe siedelten aus. Im historischen Ortskern stand damit genügend Bauland zur
Verfügung, das zunächst aber niemand bebauen wollte oder konnte, denn Einheimische wie Neubürger hatten
die Gelegenheit genutzt, am Ortsrand einen günstigen Bauplatz zu erwerben. Dort wurde jetzt eifrig gebaut,
doch der Ortskern verödete zusehends.
Schon bald wurden Stimmen laut, die sich kritisch mit dem
Modellvorhaben auseinandersetzten. Die offenen Wunden der
Ortssanierung waren unübersehbar, das Dorf Stebbach nicht
wiederzuerkennen. Die ausgesiedelten Bauern beklagten die große
Ferne zum Ort, nachbarschaftliche Bindungen waren gebrochen
und ein ganzes soziales Gefüge durcheinander gebracht. Entlang
der neuen Durchgangsstraße glich der Ort eher einer Kraterland-
schaft als einem attraktiven Wohndorf. Selbst den Stebbachern
schien das neue Stebbach nicht so recht zu gefallen. Es dauerte
tatsächlich viele Jahre, bis die Dorfmitte wieder bebaut war, und
noch heute sieht man es dem Ortsbild an, dass es seine
Ursprünglichkeit und Natürlichkeit verloren hat.
Trotz aller Kritik - wer in den 1950er Jahren in Stebbach lebte und
arbeitete, weiß, dass eine Dorfsanierung unumgänglich war. Die Frage, ob die
Umsetzung der Maßnahme, mit der die verantwortlichen Behörden beinahe
den gesamten Ort niederreißen und umgestalten ließen, derart radikal sein
musste, ist in Anbetracht gegenwärtiger Diskussionen um eine schonende
und dorfbilderhaltende Sanierung allerdings mehr als berechtigt.
Auch das Projekt der Aussiedelung der Bauernhöfe an die Peripherie erwies
sich für viele Landwirte nicht nur ökonomisch schon bald als Fehlschlag. Zu
groß war die Entfernung der Höfe zum Dorf und auch untereinander, als dass
Nachbarschaft oder soziales Miteinander hätte entstehen können.
Alleine der Bau der Umgehungsstraße kann uneingeschränkt und auch im
Nachhinein nur befürwortet werden - undenkbar, wenn sich heute noch der
gesamte Verkehr durch den Ort schlängeln müsste.
Noch bevor die letzten Maßnahmen der Dorfsanierung beendet waren,
hatte die baden-württembergische Landesregierung eine Verwaltungs- und
Gebietsreform angestoßen, der sich die kleinen Landkreise und Gemeinden
nicht entziehen konnten. 1973 wurde der badische Landkreis Sinsheim, zu dem auch Stebbach zählte,
aufgelöst. Von nun an gehörte man zum Landkreis Heilbronn. Als Gemeinde wollte man zwar seine
Selbständigkeit gerne behalten, doch drohte den kleinen Dörfern die Zwangseingemeindung. So einigte man
sich schließlich mit der Nachbargemeinde Gemmingen über einen Eingliederungsvertrag, der Ende 1973 mit
Wirkung zum Jahresbeginn 1974 angenommen wurde. Die Selbständigkeit des Dorfes war damit aufgegeben.
Stebbach ist seit dem 1. Januar 1974 ein Ortsteil von Gemmingen.