Stebbacher Landwirtschaft
Im Altsiedelland, zu dem auch der Kraichgau mit seinen guten Böden, dem
günstigen Klima und seinem Reichtum an kleinen Bächen gehört, entstand in
einem Jahrhunderte währenden mühevollen Ringen mit der Natur aus der
waldbedeckten Urlandschaft die bäuerliche Kulturlandschaft.
Seit dem 8. Jahrhundert betrieben die Bauern Dreifelderwirtschaft. Baute
man im ersten Jahr Wintergetreide an, so folgte im zweiten Jahr Sommer-
getreide und im dritten Jahr lag der Acker brach, begrünte sich und wurde als
Viehweide genutzt. Die Stebbacher Dreifelderwirtschaft war in die Moos-
brunner Flur (Richtung Niederhofen-Eppingen), die Dammbrücker Flur
(Richtung Stetten-Gemmingen) und die
Zimmer Flur (Richtung Streichenberg -
Eppingen) eingeteilt.
Erst im 18. Jahrhundert wurde diese
traditionelle Bewirtschaftungsform von
der Fruchtwechselwirtschaft abgelöst.
Schweizer Einwanderer, insbesondere
die Mennoniten, führten die neuen
Methoden ein, düngten mit Gips und
bauten Klee und Kartoffeln an.
Der Anbau von Klee ermöglichte die ganzjährige Stallfütterung des Viehs,
das nun regelmäßig gemolken werden konnte und nahrhafte Milch für die
Ernährung und überdies wertvollen, natürlichen Dünger lieferte, der auf den
Feldern ausgebracht zur Fruchtbarkeit des Bodens und damit zu einer
Erhöhung des Ertrags beitrug. Den Misthaufen beim Bauernhof gibt es in den
Kraichgaudörfern erst seit jener Zeit und war ein Zeichen für fortschrittliche
Landwirtschaft.
Um 1900 hatten die meisten Bauernhöfe in Stebbach eine Betriebsgröße
zwischen 2 und 10 Hektar Ackerfläche. Traditionell angebaut wurden Getreide,
Kartoffeln, Klee und Rüben; Zichorie und Tabak erweiterten das Spektrum
kultivierter Pflanzen und stellte die bescheidenen Einkommensmöglichkeiten
der Bauern auf eine breitere Grundlage.
Die zunehmende Mechanisierung begann die Arbeit zwar zu erleichtern, doch
das Geschäft blieb mühsam genug. Noch immer musste das Vieh mit Wasser
aus Brunnen getränkt werden, noch immer stapfte der Bauer hinter seinem
Ochsen oder seinem Pferd einher, wenn er die Feldarbeit erledigte, und noch
immer musste der Mist Gabel für Gabel aufgeladen und in mühevoller Arbeit
auf dem Acker ausgebracht werden. Erst nach 1950 verloren Pferd- oder
Ochsengespann ihre Bedeutung. Traktoren, ab 1960 auch Mähdrescher, und immer modernere Maschinen zur
Bodenbearbeitung und Ernte machten die Landwirtschaft effizienter und befreiten sie von mancher harten,
körperlichen Arbeit.
Mit der Ortssanierung zu Beginn der 1960er Jahre ging eine Flurbereinigung und die Aussiedelung fast aller
Stebbacher Bauernhöfe einher. Ackerflächen wurden zusammengelegt, ein neues Wegenetz erstellt, der
Dorfbach unter die Erde in Betonröhren verlegt, Gebüsch und Feldgehölze entfernt und Hohlwege zugeschüttet
- kaum ein frei stehender Obstbaum überlebte die Radikalkur. Das kraichgautypische, mannigfaltige
Landschaftsbild mit vielen Hecken und großen Feldbäumen verschwand und mit ihm die vielen Tiere dieses
Lebensraumes. Es entstand eine ausgeräumte, monotone Feldflur, die zwar einen effizienten Maschineneinsatz
erlaubte, doch das landschaftliche Erscheinungsbild und die Artenvielfalt blieben auf der Strecke.
Heute liegt die Stebbacher Landwirtschaft in den Händen weniger Bauern, die im globalen Wettbewerb um
den Erhalt ihrer Betriebe kämpfen müssen. Die Aussiedelung aus dem Ortskern brachte langfristig gesehen
kaum einen Erfolg. Auch die massiven Veränderungen durch die Flurbereinigung in den 1960er Jahren konnten
den Niedergang der Stebbacher Landwirtschaft letztlich nicht aufhalten. Noch nicht einmal eine Generation
überdauerten die wohlgemeinten und damals als alternativlos angesehenen Maßnahmen der Planer.