Stebbach in den Nachkriegsjahren
Der 2. Weltkrieg endete in Stebbach Anfang April 1945 mit der Besetzung
durch französische Truppen. Einen Tag nach der bedingungslosen Kapitulation
am 8. Mai 1945 wurde mit Willi Klein ein während des Krieges Zugezogener
vom amtierenden Landrat zum Bürgermeister von Stebbach ernannt.
Der vormalige Bürgermeister Fritz Geiger war mit sofortiger Wirkung seines
Amtes enthoben. Doch Unregelmäßigkeiten in der Amtsführung führten
schon nach wenigen Wochen zu Kleins Absetzung. Schließlich übernahm der
frühere Gemeinderat Jakob Kilwy das Amt. Der neue Bürgermeister musste
sich nun mit den US-Amerikanern arrangieren.
“Auf Befehl der Amerikanischen Militärregierung untersteht der frühere
Landkreis Sinsheim ab morgen, Sonntag, den 8. Juli mittags 12 Uhr, der
Amerikanischen Militärregierung. Ab diesem Zeitpunkt gelten für den ganzen
Landkreis die Gesetze der Amerikanischen Militärverwaltung."
Zur Aufgabe des Bürgermeisters zählte die Ausfertigung eines monatlichen
Berichts über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Bürgermeister Kilwy
meldete im September 1945, die Lebensmittelversorgung der Gemeinde sei
sichergestellt, die Elektrizitäts- und Wasserversorgung in Ordnung, allerdings
fehle es an Kleidung, insbesondere an Schuhen.
Anfang 1946 trafen die ersten Heimatvertriebenen aus der Tschecho-
slowakei in Stebbach ein; weitere kamen aus Ungarn, Jugoslawien und
ehemals reichsdeutschen Gebieten. Für sie alle musste Wohnraum beschafft
und die Versorgung sichergestellt werden. Bis zum Herbst 1946 hatte
Stebbach durch Evakuierte, die schon während des Krieges im Dorf
einquartiert worden waren, durch Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten
und Heimatvertriebene mehr als doppelt so viel Einwohner wie zuvor.
Die katastrophale Wohnraumsituation in Stebbach mit seinen vielen uralten
Gebäuden verlangte allen große Opfer ab. Auch die Versorgungslage spitzte
sich wegen einer schlechten Ernte dramatisch zu.
... Trostloses 1947, noch trostloseres 1948, besonders hinsichtlich der
Ernährungslage! Ohne rasche und kräftige Hilfe der Siegermächte ist ein
Überstehen des Winters undenkbar," schrieb Bürgermeister Kilwy in einem
seiner Monatsberichte.
Die erhoffte kräftige Hilfe kam in Form des Marshall-Plans, der bereits mit
seiner Ankündigung in Westeuropa zu einer deutlich spürbaren Belebung der
Wirtschaft beitrug. Auch die zu erwartende Währungsreform ließ Hoffnung
auf eine Besserung der misslichen Lage aufkeimen. Tatsächlich begann sich
mit der Einführung der D-Mark das wirtschaftliche Leben zuerst in Städten,
dann auch auf den Dörfern zu entwickeln und langsam zu normalisieren.
Mit Ausnahme des ehemaligen Kreisleiters Wilhelm Otto Geiger kamen alle
Stebbacher NSDAP-Funktionäre nach kurzer Haftzeit wieder frei. In ihren
Entnazifizierungsverfahren wurden sie alle als Minderbelastete oder Mitläufer
eingestuft und lediglich zu geringen Sühneleistungen verurteilt.
Bis Ende 1953 kamen noch weitere Heimatvertriebe nach Stebbach, doch
der Trend zur Abwanderung war damals schon angestoßen; insgesamt sank
die auf mehr als das Doppelte angestiegene Einwohnerzahl wieder. Viele der
Heimatvertriebenen hatten schnell gemerkt, dass sie in dem engen, zu sehr auf Landwirtschaft
ausgerichteten Dorf mit seiner in weiten Teilen katastrophalen Gebäudesubstanz und seiner schlechten
Bahnanbindung keine Zukunftsperspektive besaßen und zogen es deshalb vor, sich in anderen Gemeinden
oder Städten mit besserer Infrastruktur und einem vielfältigeren Arbeitsplatzangebot niederzulassen.