Stebbacher Handwerk und Gewerbe
Das Dorf des Mittelalters war nahezu autark gewesen. Fast alles, was zum
täglichen Leben an Nahrung, Kleidung, Wohnung, an Handwerkszeug und
Geräten notwendig war, konnte im Dorf selbst bereit- oder hergestellt werden.
Neben dem Bauern, der seine Felder bestellte, Viehhaltung betrieb und seinen
gesamten Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft bezog, traf man auch
Nebenerwerbsbauern an, die sich im Hauptberuf als Handwerker verdingten.
Um die wenigen Utensilien, die man sonst noch benötigte, erwerben zu
können, war man auf den Krämermarkt, der in Stebbach zum 1. Mai abge-
halten wurde, angewiesen. Ansonsten musste man sich in die Nachbarstadt
Eppingen aufmachen, wo es ein größeres Warenangebot gab.
Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden mit der Aufnahme jüdischer
Mitbürger auch Handel treibende Kaufleute im Dorf Stebbach seßhaft. Die
Gemeindeverwaltung erteilte Konzessionen für zwei Krämereiläden, für den
Handel mit Spezerei- und Ellenwaren sowie Früchte und Mehl, für Kurzwaren,
Erdöl und zum Lumpensammeln. Im Handel war in Stebbach nur wenig zu
verdienen. Die meisten Bauern waren selber arm und begnügten sich mit dem
Kauf des Allernotwendigsten. Noch ärmer waren die meisten jüdischen
Mitbürger. Eine jüdische Firma jedoch war äußerst erfolgreich. Michael Kahn
hatte 1826 eine Konzession zum Handel mit Bettfedern erworben und in
Stebbach die erste badische Bettfedernfabrik gegründet. Das Unternehmen
prosperierte derart erfolgreich, dass die Kahns den Firmensitz 1851 nach
Mannheim verlegen mussten, um die mittlerweile weltweite Nachfrage nach
Federkissen und Daunendecken befriedigen zu können.
Wie in vielen Kraichgaugemeinden wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein
Flachs zur Leinenherstellung angebaut. In Stebbach waren damals noch 7
Leinenweber ansässig; sie stellten damit nach den Bauern und den Kaufleuten
die drittgrößte Berufsgruppe.
Schon vor mehr als 200 Jahren gab es einen Chirurgus in Stebbach.
Derartigen nicht-studierten Handwerksmedizinern oblag früher die ärztliche
Versorgung im Dorf. 1788 wird der Chirurgus Georg Weickum in den
Gerichtsprotokollen genannt. Er verstand sich auf die Versorgung von
Wunden, konnte Zähne ziehen, Schröpfköpfe ansetzen und zur Ader lassen.
Wurde jemand krank, so holte man sich bei ihm Rat. Der Chirurgus stellte
einfache Diagnosen bei Krankheiten, berief sich auf althergebrachte,
überlieferte Heilmethoden und wusste auch, durch welche Kräuter und
Heilmittelchen man manchem Zipperlein abhelfen konnte.
Nach dem Gewerbesteuerkataster von 1848 verdienten damals in der ca.
850 Seelen zählenden Gemeinde 127 Personen ihren Unterhalt durch ein
Gewerbe, darunter waren 59 Landwirte, 3 Bäcker, 1 Glaser, 18 Handelsleute,
7 Leinenweber, 3 Lumpensammler, 2 Maurer, 3 Metzger, 1 Ölmüller, 2
Schmiede, 3 Schneider, 3 Schreiner, 2 Schuster, 14 Taglöhner, 1 Wagner, 3
Wirte und 2 Zimmerleute.
Bis in die 1950er Jahre blieb Stebbach ein von der Landwirtschaft
maßgeblich geprägtes Dorf, wenngleich damals schon mancher Arbeitnehmer
einen Arbeitsplatz in der auswärtigen Industrie gefunden hatte. Ein nennens-
wertes Arbeitsplatzangebot in industriell ausgerichteten Betrieben entstand in
Stebbach bis heute nicht. Erst mit Dorfsanierung in den 1960er Jahren und
der neu gewonnenen Mobilität durch das Auto gewann Stebbach an
Attraktivität als Wohngemeinde für die in Heilbronn und in dessen Umland
tätige Arbeitnehmerschaft.
Die Kahn’sche Bettfedernfabrik
in Stebbach befand sich bis
1851 in der Schulstraße. Dann
wurde der Firmensitz nach
Mannheim verlegt.
Dort bestand die Firma als
Mannheimer Bettfedernfabrik
bis 2004 in der Industriestraße
Nr. 35 fort.