Das Hagelunwetter vom 1. Juli 1897
In der Nacht auf den 1. Juli 1897 traf die Gemeinde Stebbach und den
gesamten Amtsbezirk Eppingen in einem furchtbaren Hagelunwetter die seit
Menschengedenken schlimmste Naturkatastrophe. Begleitet von orkanartigen
Sturmböen war gegen Mitternacht ein fürchterliches Gewitter heraufgezogen,
das sich in einem gewaltigen Hagelschlag entlud. „Auf einen außergewöhnlich
heißen und schwülen Tag am 30. Juni 1897 folgten in der ersten Hälfte der
Nacht auf den 1. Juli ein unaufhörliches Aufleuchten des bewölkten Himmels
nach allen Richtungen ohne jeglichen Donner. Etwa um 1/4 nach 12 Uhr
begann Regen, zu dem sofort Wind trat und wenige Augenblicke später
brach das Unwetter mit einer solchen Plötzlichkeit und einer von Sekunde zu
Sekunde sich so reißend schnell steigernden Heftigkeit los, daß es nicht
mehr möglich war, Vorkehrungen zum Schutze zu treffen...”
(aus dem offiziellen Vorbericht des 'Hilfskomitées zur Unterstützung der
Hagelgeschädigten des Amtsbezirks Eppingen')
“Nachts zwischen zwölf und ein Uhr brach ein so fürchterliches, orkanartiges
Gewitter los, ein Wirbelsturm, eine wirkliche Wasserhose ergoss sich über
unsere ganze Landschaft. Es kamen Schlossen so groß wie eine Faust und
zertrümmerten fast alle Ziegel und Fenster. Es regnete so massenhaft durch
die ziegellosen Dächer, daß die Zimmerdecken ganz durchweicht waren und
zum Teil herunterplatzten ... und man glaubte nichts anderes, als unter den
Häusern begraben zu werden. Der orkanartige Sturm wütete so schrecklich,
daß die Hälfte der Obstbäume entwurzelt und umgerissen wurden. Als man
die Häuser verlassen konnte, dachte man zuerst daran, die Leute und das
Vieh zu retten. Meinem Tochtermann Jakob Gebhard sein Vieh stand bis ans
Euter im Wasser, und bei dem großartigen Regen, der immer noch anhielt,
schafften wir das Vieh aus dem Stall und aus dem Eiswasser.”
(Augenzeugenbericht des Jakob Kreiter)
Bürgermeister Burkhard gab damals die gesamte Gemarkungs-
fläche von Stebbach und Streichenberg als schwer geschädigt
an. Keine andere Gemeinde im Amtsbezirk Eppingen war
gemessen an der Gemarkungsgröße derart in Mitleidenschaft
geraten. Das Zentrum des Orkans lag genau über Stebbach.
Im Bericht des Hilfskomitées hieß es: “Nach den amtlichen
Feststellungen beläuft sich der Gesamtschaden auf 3.062.581
Mark und vertheilt sich auf die betroffenen Gemeinden wie
folgt: Adelshofen 142.258 Mark, Berwangen 179.080 Mark,
Eichelberg 6.165 Mark , Eppingen 860.380 Mark, Gemmingen
329.150 Mark, Landshausen 118.100 Mark, Richen 169.265
Mark, Rohrbach 212.600 Mark, Schluchtern 98.560 Mark,
Stebbach 497.633 Mark, Sulzfeld 379.440 Mark und
Tiefenbach 69.950 Mark.”
Am 4. Juli 1897 erging ein Aufruf der Hagelgeschädigten des
Amtsbezirks, der sich an die Bevölkerung im Deutschen Reich wendete und an die Spendenbereitschaft der
Menschen appellierte. Schon am 8. Juli 1897 erreichte das Spendenaufkommen Dimensionen, die die kühnsten
Erwartungen übertrafen. Trotzdem konnte nur ein Bruchteil des Schadens ausgeglichen werden.
Nach dem Unwetter regnete es 6 Wochen lang nicht mehr; die verschlammten Böden verkrusteten; die
Getreideernte fiel komplett aus; an Kartoffeln konnte rund ein Drittel der üblichen Menge geerntet werden, bei
den Rüben nach einer Neupflanzung ungefähr die Hälfte.
Im Bewusstsein der Menschen blieb der vernichtende Hagelschlag vom 1. Juli 1897 noch lange wach. Bis in
die 1950er Jahre gedachte man in Stebbach immer am 1. Juli, am 'Hagelfeiertag', mit einem Gottesdienst
dieser schrecklichen Naturkatastrophe.